Rennbericht Hamburg Marathon 2015
Achtung Falschfahrer...ähm Läufer
Nach einem schönen Runnersworld- Forumstreffen der anonymen sub 3:20er am Vorabend ging es in Hamburg Alsterdorf recht früh ins Bett.
Aufstehen, fertigmachen und los. Im Gepäck hatte ich seit Hannover die absolute Gewissheit, heute eine persönliche Bestzeit zu laufen und einen riesigen Schritt in Richtung sub 3h - meinem persönlichen Marathontraum - entgegen zu laufen.
Ich habe mich nicht von meinen Unterdistanzen beirren lassen und eine Zeit zwischen 3:04- 3:09h als realistisch angesehen.
OK, an den Messehallen angekommen Pippi machen und umziehen. Alles Routine - macht man ja doch öfter mal. Eine halbe Stunde vor dem Start treffe ich Frank vor der Halle, in Jeans und zivil gekleidet. "Hä, hat der seinen Lauf gestrichen?" denke ich.
Nö, er ist einfach nur total entspannt. Da kann man sich noch ne Scheibe abschneiden. Aber bei 20 Marathons im Jahr kann man ja eine gewisse Routine erwarten.
Vom Block C aus sehe ich dann Christian und Markus die ich am Vorabend endlich kennenlernen konnte. Unsere Begegnung wirkt sehr vertraut, haben wir uns im Forum doch schon so viele Monate über unsere Leidenschaft ausgetauscht. Beide huschen mit in meinen Block und wir können zusammen starten.
Auf geht's. Der Start ist recht entspannt und geht @4:42 auf dem ersten km. Bis km 3 halten sich Markus und ich absprachegemäß zurück.
Die nächsten Kilometer verlaufen absolut planmäßig und wir können Fahrt aufnehmen.
Dann sehe ich ein getaptes rechtes Wadenbeinköpfchen und erkenne in 30m Entfernung unseren Guru Farhad. Wir Herzen und knuddeln uns und laufen weiter. Ich hoffe im Stillen, dass bei ihm wegen der Verletzung alles gut gehen wird, weil er es so sehr verdient hätte.
Die Kilometer verstreichen in sehr regelmäßiger Pace. Mein kalibrierter Tempomat funktioniert einwandfrei. Besser als meine Uhr, die bei HM schon 160 m zu viel anzeigt. Was soll's, weiter geht's.
Die HM- Marke passieren Markus und ich bei 1:33:33, ne coole Zeit aber leider 18sec langsamer als geplant. Dennoch alles im grünen Bereich!
Das Tempo wird jetzt noch etwas angezogen und die Beine sind erfreulich frisch. Bei etwa km 25 passiert mir dann im Trott das absolut dümmste. Mir fällt mein eingewickeltes Gummibärchenpacket, an dem Korinnas Gedicht und meine Zeitentabelle dranhängt, herunter. In die blöde Zeittabelle hatte ich bis dahin nicht ein einziges Mal geschaut. Hatte ich die Zeiten doch nahezu auswendig gelernt...
Im ersten Reflex dachte ich, dass ich meinen Autoschlüssel verloren habe. Im Training hab ich den des Öfteren in der linken Hand. Voller Panik stoppe ich mit einer Vollbremsung und renne als Falschfahrer entgegen des 22000er Starterfeldes. Herrlich dumm und gefährlich.
Mit einer knappen Hockwende ergatterte ich meinen "Schlüssel".
Aber diese schnelle Hocke verursachte im linken Oberschenkel ein dermaßen starkes Reißen, dass ich der festen Annahme war, mich hätte ein Sniper aus dem Fenster der Buchhandlung am anderen Ende der Straße angeschossen.
Ab diesem Moment war der Ärger über meine eigene Dummheit und diesen heftigen Schmerz mein ständiger Begleiter bis km 32.
Den Schmerz konnte ich gut weglaufen und war guter Dinge. Das Tempo stimmte wieder und Markus war durch diesen Fauxpas bei km 25 auch wieder dran.
Ab km 38 kam dann der Mann mit dem Hammer den ich ganz gewiss nicht kennenlernen wollte. Er schwebte kreischend über mir und schwang seinen Hammer bedrohlich über seinem Kopf. Wahrscheinlich hat er mich schon länger beobachtet, ohne dass ich von ihm Notiz genommen habe. Jetzt schlug er zu. Er verfehlte dabei ständig meinen Kopf und drosch dermaßen wild auf meinen lädierten Oberschenkel ein, dass es ihm sicher viel Freude bereitet hatte. Ich denke, dass ER absichtlich nicht auf meinen Kopf gehauen hat, weil er sich sicher war, dort aufgrund meiner Dummheit ohnehin nichts anrichten zu können.
Jeder Versuch das Tempo zu halten, führte zu wilden Krampfreaktionen im besagten Beinchen. OK, 3:05:39 wird so nix!
Markus hat mich dann glücklicherweise eingeholt und hat mich gezogen. Das war sehr motivierend und hat mich durchhalten lassen.
Plan B: durchlaufen, einigermaßen genießen und neue PB in 3:06:58 rein laufen. Hat nicht geklappt, juckt mich aber kein Stück. Scheinbar war die Zeitmatte am Start etwas vor der Startlinie und ich habe da schon gestanden und den Startknopf nicht gedrückt. Die 03:07:04 ist unter diesen Bedingungen wirklich ein Traumergebnis, zumal ich vor zwei Wochen nur gaaanz vorsichtig an 03:09 geglaubt hab.
Ich danke Hamburg für dieses unbeschreiblich schöne Erlebnis und bin mir absolut sicher, hier wieder einen Marathon zu laufen. ….und noch Einen und noch Einen und noch Einen....